Zum Geleit

Februar 2022

Liebe Freundinnen und Freunde der Manufaktur,

da sprechen wir im letzten Vorwort mal ein für unsere Verhältnisse uncharakteristisch menschenfreundliches Dankeschön an die lokale Presse, die (Pop-/Sub-)Kulturberichterstattung und ihre Förderer aus – und ein paar Wochen später lesen wir, dass Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten erhebliche Teile der Redaktion einsparen werden und deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch mal weniger über interessantes kulturelles Geschehen berichten werden. Wobei: im Falle der StZ und uns wäre das im letzten Jahr weniger als Null, was auch schwierig ist, aber vielleicht ja doch zu schaffen. Die Managementconsultants werden sich da schon was einfallen lassen, für Derartiges sind sie ja gut! Also, ein Medien-Lob unsererseits, dann ein Medien-Zusammenbruch: Wir wussten das nicht vorab, es wundert uns angesichts der Entwicklung des Medienmarktes (und der Popkulturberichterstattung) aber auch nicht in jeder Hinsicht. Am besten verkaufen sich vermutlich Zeitungen, die einfach auf Berichterstattung verzichten und nur noch halbgare Meinungs-Takes, Listicles und irgendwas über Promis posten. Oder halt ein Kleinanzeigenimperium wie Springer/Döpfner, begleitet von ideologischen Kampfblättern, die sicherstellen, dass politisch alles in den richtigen Bahnen bleibt und nichts die Kapitalverwertung behindert. Puh.

Unser Programm tangiert das alles nicht so sehr, aber wie gesagt, kundige Besprechungen und Kritiken (ob nun in Zeitungen oder anderswo) gehören für uns – und sicher nicht nur für uns – genauso zu einem florierenden Kulturleben dazu wie das Gespräch an der Theke oder der Social-Media-Kommentar (bei uns noch ausbaubar). Nun denn. Dann halt mehr so Likes und Retweets.

Apropos Programm: Das geht im Februar fröhlich weiter, geimpft, genesen und dazu geboostert (warum sagen die in der englischsprachigen Welt eigentlich nur „boosted“, aber wir kriegen noch ein ‚r‘ dazu?) oder getestet. Besonders wollen wir an dieser Stelle auf die Lesung von Ronen Steinke hinweisen, der im Februar schon zum dritten Mal in der Manufaktur zu Gast sein wird: Es wird um „die neue Klassenjustiz“ gehen, darum, wie das Rechtssystem die Wohlhabenden privilegiert und die Armen benachteiligt. Ein wichtiges Thema, das der bekannte Journalist von der Süddeutschen Zeitung in seinem neuen Buch aufgearbeitet hat. Steinke hat zuletzt mit seinem Buch „Terror gegen Juden. Wie antisemitische Gewalt erstarkt und der Staat versagt. Eine Anklage“ von sich reden gemacht und auch ein Werk über Fritz Bauer geschrieben. Dass auch er als SZ-Autor für die Südwestdeutsche Medien-Holding arbeitet, der die genannten, zunehmend kaputtgesparten Blätter in Stuttgart gehören, passt jetzt nicht ins apokalyptische Bild, das wir hier zu zeichnen begonnen haben – aber so ist das eben in unserer seltsamen, an Widersprüchen reichen Medienwelt.

Wir wünschen einen reichhaltigen Februar und hoffen, unseren Teil dazu beizutragen!

Eure

Manufaktur

P.S.: Kurz vor Redaktionsschluss sind uns pandemiebedingt drei Konzerte weggebrochen (Drab City, Lala Lala und BirdPen). Dumm daran: Bei uns hätten die Bands spielen können – aber weil andere Clubs vorübergehend schließen mussten, fallen komplett geplante Touren aus, weil sie sich wirtschaftlich für die Künstler*innen nicht mehr rechnen. Bleibt uns gewogen!

P.P.S.: Unser Kino Kleine Fluchten und unsere Club Kneipe haben aufgrund der aktuellen Coronasituation leider bis Ende Februar geschlossen. Die Veranstaltungen werden über die Theke im Saal bewirtet.

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