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Zeit des Zorn

Mi. 26. Mai 2010 | 20:00

BRD / Iran 2010, 88 Min., von Rafi Pitts mit Rafi Pitts, Mitra Hajjar, Ali Nicksaulat, Hassan Ghalenoi, Manoochehr Rahimi.
Ali kommt gerade aus dem Gefängnis frei. Mit Frau und Tochter möchte er fortan ein friedliches Familienleben führen. Allzu oft bekommt er die beiden indes nicht zu sehen, wegen der Vorstrafe teilt sein Chef den neuen Security-Angestellten im Presswerk zur unbeliebten Nachtschicht ein. Aber Ali arrangiert sich so gut es geht mit den Verhältnissen, derweil es in Teheran zunehmend zu Tumulten wegen der Wahlfälschungen kommt. Am nächsten Morgen findet der Nachtwächter seine Wohnung verwaist vor. Ein Anruf beordert ihn zum Polizeirevier. Nach stundenlangem Warten eröffnet ihm dort schließlich ein Inspektor in bürokratischem Ton, dass seine Frau bei einer Demonstration in die Schusslinie geraten sei. Die Schuldfrage wäre völlig unklar. Dass auch seine Tochter erschossen wurde, erfährt Ali erst zwei quälende Tage später.

Ohnmächtig und voller Wut setzt sich Ali mit seinem Jagdgewehr auf einen Berg und nimmt die Fahrzeuge der nahen Autobahn ins Visier. Als eine Polizeistreife auftaucht, drückt er eiskalt ab. Nach diesem Doppelmord bekommt das Drama im letzten Drittel eine neue Wendung. Bei einer wilden Auto-Verfolgung wird Ali gestellt. Er flieht in den Wald, wird gefasst – doch dann verlaufen sich die zwei uniformierten Häscher und der Täter orientierungslos im nebligen Gelände. Zwischen den beiden ungleichen Polizisten bricht ihr schwelender Streit immer stärker aus. Als das Trio in einer verlassenen Hütte Schutz vor dem Regen sucht, sieht der Gefangene seine Chance zur Flucht – doch dann kommt alles ganz anders, als man denkt.

Autor und Regisseur Rafi Pitts, der kurzfristig auch noch die Hauptrolle übernahm, inszeniert sein Drama mit auffallend leisen, minimalistischen Tönen. Der hektische Asphalt-Dschungel von Teheran mit seinem schier endlosen Straßenverkehr wirkt wie die Highway-Betonwüste von Los Angeles. Wie sehr es in der Stadt nach den Wahlen politisch gärt, erfährt der Held nur aus dem Autoradio.

Die Innenansichten der Staatsmacht erfährt das Publikum in den Gesprächen der ungleichen Polizisten: Der eine, ein junger Wehrpflichtiger voll Idealismus. Sein Chef, ein korrupter Cop, der über Leichen geht. Dazwischen der getriebene Held, der aus purer Verzweiflung zum Killer wider Willen mutierte. Wenn dieses ungleiche Trio sich im nebligen Wald verläuft, gerät das zur Metapher der Orientierungslosigkeit eines zerrissenen Landes. In den Uniformen der allgegenwärtigen Staatsmacht stecken durchaus Menschen. Derweil der einfache Mann aus dem Volk in einem fatalen Teufelskreis selbst zum blutrünstigen Rächer wird.

Diese dialektische Art der Darstellung macht das Drama umso spannender. Visuell einfallsreich und atmosphärisch dicht, schildert Riffs die packende Anatomie einer Rache und zeichnet mit dem privaten Drama das Bild einer politisch gespaltenen Gesellschaft.
Dass der kritische Film an der staatlichen Zensur vorbei entstehen konnte, verdankt er dem Mut und der Findigkeit eines risikobereiten iranischen Filmemachers – und der Unterstützung deutscher Förderer, von World Cinema Fund, Medienboard Berlin-Brandenburg und FFA. Eine durchaus gelungene Investition, kommt hier doch auch der Kinogänger sehr gut auf seine cineastischen Kosten.

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Details

Datum:
Mi. 26. Mai 2010
Zeit:
20:00
Veranstaltungskategorie:

Veranstaltungsort

Kino Kleine Fluchten
Hammerschlag 8
Schorndorf, 73614 Deutschland