Precious – Kostbar. So wird die Hauptfigur in Lee Daniels Film genannt. Reine Ironie, denn Precious ist zu Beginn des Films für niemanden wertvoll, niemand behandelt sie liebevoll, niemandem bedeutet sie etwas. Als stark übergewichtiges, eher unattraktives Mädchen hat sie es ohnehin schwer, ihre Mutter aber macht ihr das Leben zur Hölle. In einer Sozialwohnung hausen die beiden, die Mutter lebt von Sozialhilfe, sitzt den ganzen Tag vor dem Fernsehen und betrachtet ihre Tochter als ihr Eigentum. Zumal diese lange Jahre vom Vater vergewaltigt und geschwängert wurde, schon ein mongoloides Kind zur Welt gebracht hat und nun mit einem weiteren Kind schwanger ist. Weswegen Precious von ihrer Schule verwiesen wird, in der sie als Legasthenikerin und etwas dumm galt. Erst als sie die Möglichkeit bekommt, auf eine private Schule zu gehen, in der man sich um sie kümmert und fördert, beginnt Precious’ stark gebrochene Emanzipationsgeschichte.
Subtil ist es wahrlich nicht, mit welcher Anhäufung von Schicksalsschlägen Lee Daniels seine Hauptfigur zeichnet. Man kann sich kaum ausmalen, was Precious noch alles zustoßen könnte, und wundert sich umso mehr, dass der Film dennoch funktioniert, dass die Emanzipationsgeschichte von Precious nicht wie ein typisches Hollywoodmärchen wirkt.
Einmal mehr wird auch hier die Kraft der Bildung betont, werden Wissen und Bücher als Weg aus dem Elend aufgezeigt. Das mag ein Klischee sein, ein wahres zwar, aber doch eine Formel, die schon viele Filme mehr oder weniger erfolgreich benutzt haben. In „Precious“ funktioniert dieses Muster perfekt, was vor allem der außerordentlichen Leistung der Hauptdarstellerin Gabourey Sidibe zu verdanken ist. Wirkt sie zunächst gar nicht wie eine Schauspielerin, sondern mit ihrem massigen Körper, ihrer bisweilen kaum verständlichen Sprache, wie ein perfekt besetzter Typ, zeigt sich mehr und mehr die Subtilität ihrer Darstellung. Mit zunehmendem Selbstvertrauen wagt sie es, sich ihrer Mutter entgegenzustellen, sie herauszufordern und in die Schranken zu weisen. Dass dies nicht wie ein verklärtes Hollywood-Happy-End wirkt, ist bemerkenswert und dem zwar stilisierten, aber doch authentischen Blick zu danken, der den Film prägt.